Bildung als Schlüssel zum Erfolg: So lässt sich der Leitgedanke hinter der Arbeit der Wolfgang und Regina Böllhoff Stiftung zusammenfassen. Im Interview blicken Vorsitzende Anja Böllhoff und Gründungsstifter Dr. Wolfgang W. Böllhoff auf über 16 Jahre Jugendförderung in der Stiftung. Sie erzählen von der Gründung, dem Generationswechsel und der Arbeit in beiden Programmen.
Dr. Wolfgang W. Böllhoff: Wir haben oft darüber gesprochen, wie viel Glück wir im Leben hatten. Wir sind beide in soliden, christlichen Familien aufgewachsen, hatten ein gutes Studium. Dann mein Hineinwachsen in das Unternehmen Böllhoff und – vor allem – gesunde Kinder.
Wir haben aber auch viel Elend und Ungerechtigkeit in der Welt gesehen und uns gefragt: Wie kann man diese Entwicklungen ein kleines bisschen lindern? Wir hatten erkannt, dass Menschen, die gebildet sind und etwas gelernt haben, am wenigsten anfällig sind für Böses. So sind wir auf die Gründung der Stiftung gekommen.
Anja Böllhoff: Was Sie als Ehrenamt beschreiben, sehe ich nicht nur als Ehrenamt an, sondern als eine Mischung aus Profession und Leidenschaft. Wenn ich auf meine Jugend zurückschaue, dann wollte ich immer etwas Ähnliches machen.
Und der Zufall im Leben hat mich zu dem gebracht, was ich gerne mache – und vielleicht auch ein Stück weit gut: Menschen zusammenzuführen, die Gutes tun wollen. Und mit meiner Arbeit in den Stiftungen gesellschaftliche Probleme durch gemeinschaftliche Kräfte zu einer Lösung zu führen.
Stiftungsvorsitzende Anja Böllhoff (2 v. r.) mit den Programmleitungen
Anja Böllhoff: Beides sind Bildungsprogramme, die sich jeweils über zwei oder drei Jahre erstrecken. Bei „Ich will“ sprechen wir Schülerinnen und Schüler von Gesamt-, Sekundar- und Realschulen an, im Alter von 14 bis 18 Jahren. Primäres Ziel des Programms ist, den Patenschülern und -schülerinnen zu einem guten Schulabschluss zu verhelfen.
Das zweite Programm „Hand in Hand“ hat sich 2015 aus der Flüchtlingswelle nach Deutschland entwickelt. Hier sprechen wir Jugendliche mit Zuwanderungsgeschichte oder Fluchthintergrund an – im Alter von 17 bis 22 Jahren, unbegleitet oder in Familien lebend. Dieses Programm hat drei übergeordnete Ziele: berufliche Orientierung, Erwerb von Sprachkompetenz und Stärkung des Selbstwertgefühls.
»„Wir möchten, dass die jungen Leute nach dem Abschluss sagen, dass sie etwas können, was sie nie für möglich gehalten haben – dass sie sich Neuem geöffnet haben. Früher wollten sie zu den Sternen greifen, jetzt können sie nach den Sternen greifen.“
Anja Böllhoff: Bei „Ich will“ sind es um die 60 Jugendliche an den Standorten Bielefeld und Finsterwalde. Bei „Hand in Hand“ haben wir aktuell 30 Patenschüler und -schülerinnen im Programm. Um noch weitere Zahlen zu nennen: Von der Gründung der Stiftung bis ins Jahr 2023 haben wir bereits 216 Jugendliche im Programm „Ich will“ gefördert, im Programm „Hand in Hand“ 48.
Dr. Wolfgang W. Böllhoff: Alle Absolventen erhalten ein Zertifikat, das im Detail aussagt, was sie in ihrer Förderung gelernt und erfahren haben.
Anja Böllhoff: Ja. Wir haben aktuell 83 Paten und Patinnen in Bielefeld, 30 in Finsterwalde. Es sind Frauen und Männer aus den verschiedensten Berufsfeldern, die Freude daran haben, jungen Menschen zu helfen.
Dr. Wolfgang W. Böllhoff: Grundvoraussetzung für eine Patenschaft ist die Liebe zu Kindern – und Vertrauenswürdigkeit. Letztlich ist es keine Altersfrage. Unsere jüngste Patin ist erst 32, ist begeistert dabei und macht ihre Sache sehr gut. Wir freuen uns, wenn wir von den Frauen und Männern hören, dass die Aufgabe und der Kontakt zu den jungen Menschen ihr eigenes Leben bereichert.
»„Es ist eine helle Freude, bei den Abschlussveranstaltungen der Programme reife, selbstbewusste Schülerinnen und Schüler auf der Bühne zu sehen, die tatsächlich etwas mitgenommen haben.“
Anja Böllhoff: Auf jeden Fall. Wir möchten, dass die jungen Leute nach dem Abschluss sagen, dass sie etwas können, was sie nie für möglich gehalten haben – dass sie sich Neuem geöffnet haben. Früher wollten sie zu den Sternen greifen, jetzt können sie nach den Sternen greifen.
Dr. Wolfgang W. Böllhoff: Selbstbewusst sein, dem Leben zugetan – wer das hinkriegt, hat Erfolg. Wissen Sie, es ist eine helle Freude, bei den Abschlussveranstaltungen nach drei Jahren reife, selbstbewusste Schülerinnen und Schüler auf der Bühne zu sehen, die tatsächlich etwas mitgenommen haben.
Anja Böllhoff: Die Herausforderungen sehen wir vor allem in der Veränderung der gesellschaftlichen Rahmenbedingungen. Eine entscheidende Rolle spielte die Corona-Pandemie, die erhebliche Auswirkungen auf die Jugendlichen hatte – durch den Rückzug in die eigenen vier Wände. Wir stellen fest, dass die Leistungsbereitschaft nachgelassen hat, die Wissenslücken größer geworden sind.
Aus all dem mussten und müssen wir die Jugendlichen wieder herausholen, die Freude am Gemeinsamen, am Rausgehen vermitteln. Das wird nicht einfach sein. Aber ich bin sehr zuversichtlich, dass wir die richtigen Antworten finden werden.
*Dieses Gespräch ist ein Ausschnitt aus einem Interview aus dem Bielefelder Kirchenmagazin „Jost“, Ausgabe 01/2023, geführt von Journalist Manfred Matheisen.
Quelle Titelfoto: Jost Kirchenmagazin für Bielefeld, 1/23, Bielefeld, Bonifatius Verlag, Paderborn. Fotograf: Jörg Diekmann
Verantwortung übernehmen durch Jugendförderung
Schon seit ihrer Gründung im Dezember 2006 fördert die Wolfgang und Regina Böllhoff Stiftung junge Menschen, die von ihren Eltern nur wenig Unterstützung erfahren können. Dahinter steht das Herzensanliegen der Stifterfamilie, sich für mehr Chancengleichheit und einen fairen Zugang junger Menschen zu Bildung einzusetzen.
Dieses Ziel wird heute durch zwei Bildungsprogramme umgesetzt: „Ich will“ und „Hand in Hand“. In beiden Programmen werden junge Menschen in ihrer Persönlichkeitsentwicklung gefördert sowie dabei unterstützt, ihren Platz in der Gesellschaft und im Berufsleben zu finden. Dabei spielen die individuelle Förderung der jungen Menschen sowie 1:1-Begleitung durch ehrenamtliche Patinnen und Paten eine entscheidende Rolle.